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Es werden Posts vom April, 2019 angezeigt.

Trübsal blasen oder Friedentag?

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37) Dienstag, 30.4.19: Ruhetag in Shkodre Es ist heute mit grosser Wahrscheinlichkeit Regen angesagt und mit der Planung der weiteren Etappen und Unterkünfte hapert es. So entschliesse ich mich, einmal ein bisschen Trübsal zu blasen. Weit weg von zu Hause und allem Gewohnten und allen Lieben, mitten im Regen, ohne konkrete Pläne. Ich will es mir einmal so richtig schlecht gehen lassen. Gegen Mittag muss ich dann doch aus dem Zimmer. Ich brauche etwas Geld und einen Zmittag. Da beginnt es wieder aus Kübeln zu regnen. Mann, war der Entscheid nicht weiterzufahren richtig! Im Zentrum von Shkodre versöhne ich mich ein bisschen mit Albanien. Die Stadt scheint aus der bis 1990 andauernden kommunistischen Diktatur zu erwachen. Mir gelingt es, ein paar Dinge zu erledigen. Es bleibt sogar Zeit für einen Haarschnitt. Dann aber flugs wieder zurück ins Hotel Trübsal blasen.

Komani Fähre

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36) Montag, 29.4.19: Bajram Curri - Fähre Komani - Shkoder 72 km (total 2612); 810 HöM (total 27270); zum Glück am Regen vorbei, Fähre wunderschön, Strasse nachher schlecht. Unterkunft Hotel Floga. Das mit der schönen Landschaft haut heute voll hin. Schon die wenigen Kilometer von Bajram Curri sind fahrenswert. Dann die Fähre längs über den Komani See - einfach schön und eindrücklich. Auf beiden Seiten des schmalen Stausees ragen die Berge steil in den Himmel. Auch nachher ist die Landschaft wahrscheinlich schön. Davon sehe ich allerdings wenig. Es geht 30 km über eine sehr schlechte Strasse und ich konzentriere mich voll auf die Schlaglöcher. Hinzu kommt, dass ich spät dran bin. Die Fähre kommt etwa um 16 Uhr an, mein Navi rechnet für die verbleibenden 53 km über vier Stunden. „Auf einigen Passagen wirst du dein Rad evtl. tragen müssen“, schreibt es. Wenn ich vier Stunden brauche, wird es 20 Uhr bis zum Hotel. Das darf nicht sein, denn dann ist es hier dunkel, und das will ich

Bedrückend?

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35) Sonntag, 28.4.19: Prizren - Bajram Curri (Albanien) 75 km (total 2540); 680 HöM (total 26460); schön und mild, Grenzübertritt nach Albanien ohne Probleme. Unterkunft Hotel Vllaznimi. Ich sitze vor einem Imbiss in Bajram Curri, Albanien. Die Strasse ist frisch gepflästert. Es gibt zahlreiche Bars mit Stühlen und Tischen draussen. Wenig Betrieb. Es kommt mir vor wie ein aufgeputzter Touristenort kurz vor der Saison. Daneben viele Rollläden, die unten sind. Geschäfte, die jetzt geschlossen sind? Geschäfte, die es gar nicht gibt? Die wenigen Läden, die offen sind, haben kaum Betrieb. Ein Blick um die Ecke offenbart alte Häuser und Armut. Eine Bäckerei finde ich nur nach einem genauen Wegbeschrieb. Als ich vom Kosovo über die Grenze nach Bajram Curri fuhr, hatte es regen Autoverkehr und hervorragend gute Strassen. Ich erwartete einen lebendigen Touristenort, den ich jetzt nicht sehe. Ich bin einigermassen irritiert und finde es eher bedrückend. Die Fahrt in die albanischen Ber

Grosse und kleine Gesten

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34) Samstag, 27.4.19: Pristina - Prizren (über Ferizaj) 92 km (total 2465); 840 HöM (total 25780); kurz-kurz mit Sonnencrème abgefahren, lang-lang angekommen, dazwischen Regenmontur. Unterkunft Deni House. Ich starte etwas früher als üblich, weil nach dem Mittag Regen angesagt ist. Der Regen kommt auch etwas früher. Ich schaue mich nach einer Bar um. Da hält mitten auf der Strasse mit Pannenblinker ein Automobilist. Ob er mir irgendwie helfen könne. „Nein, alles klar, ich suche nur eine Bar.“ „Dort vorne, das braune Haus.“ Er fährt vor, empfängt mich. Er arbeitet für eine Schweizer Firma und freut sich so, einen Schweizer zu sehen, dass er mit mir ein Selfie macht und mir einen Kaffee bezahlt. Nach zehn weiteren Kilometern kommt der richtige Regen. Ich stelle mich unter ein Dach und auf eine längere Wartezeit ein. Ein Mann, eben aus dem Bus ausgestiegen, beide Hände voller Einkaufstaschen, hebt dennoch, bevor ich es kann, die Hand zum Gruss. Entgegenkommende Autofahrer hupen

Treffen mit VoRAE

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33) Freitag, 26.4.19: Ruhetag in Pristina mit Treffen VoRAE in Gracanica 20 km (total 2373); 300 HöM (total 24940). Schönes und warmes Wetter. Unterkunft airbnb Rrezy. Ich treffe mich in Gracanica mit Isak Skenderi, dem Leiter von „Voice of Romas, Ashkali and Egyptians“. Die Romas sind im Kosovo eine grössere Minderheit als bei uns und wie in aller Welt mit starken Vorurteilen konfrontiert. In ihrem Programmschwerpunkt „After School“ unterstützt die VoRAE Kinder in der Schule mit Nachhilfeunterricht. Da die Romas zu Hause oft Romanes sprechen und die Eltern, oft selbst mit wenig Schulbildung, schlecht helfen können, ist das eine substantielle Unterstützung. Ein weiterer Programmschwerpunkt ist das „Housing“. Manchmal leben Romas mit bis zu 25 Personen in einem kleinen Haushalt. Für mehr Raum ist kein Geld da. Hier hilft die VoRAE, indem sie Material und Know-how für einen minimal erweiterten Wohnraum vor allem mit Anschluss an frischem Wasser zur Verfügung stellt. Die Familien ge

Tagesablauf

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32) Donnerstag, 25.4.19: Peje - Pristina 85 km (total 2353); 740 HöM (total 24640). Sehr schön und warm, kurz-kurz und Sonnencrème von Anfang an, praktisch nur Haupt- und Bundesstrasse. Unterkunft airbnb Rrezy. Normalerweise starte ich etwa um 10 Uhr zur Etappe. Wenn nicht schon geschehen, kaufe ich den Tageslunch ein und fahre dann je nach Länge der Etappe zügig oder gemütlich los. Nach gut zwei Stunden der Mittagshalt. Es gibt Brot, Streichkäse, Wurst, etwas Süsses und immer einen Apfel für die Vitamine. Zeit auch, zwei, drei Psalmen zu lesen, um dem Pilgercharakter der Reise Rechnung zu tragen. Gerne wähle ich für den Halt eine Kirche aus. Im Kosovo nicht ganz einfach, darum entscheide ich mich heute für eine stillgelegte Tankstelle. Ich finde das toll, noch nie in meinem Leben habe ich an einer stillgelegten Tankstelle den Mittagslunch eingenommen. Der grössere Teil der Etappe liegt noch vor mir, ich habe aber auch den ganzen Nachmittag Zeit. Oft gibt es noch einen kurzen Z

Schön

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31) Mittwoch, 24.4.19: Mitrovica - Peje 76 km (total 2268); 850 HöM (total (23900). Schön, mild, gute Strassen, angenehme Autofahrer. Unterkunft Hotel Peje. Ich mag eigentlich gar nicht immer so viel und halbwegs gescheit schreiben und fotografieren. Heute war ein Tag zum Geniessen. Schönes Wetter, mild, wellige Landschaft, gute Strassen, respektvolle Autofahrer aus allen Herren Ländern: D, I, CH, B, FIN und natürlich RKS, Kosovo. Peje scheint ein richtiger Touristenort zu sein als Ausgangspunkt für Aktivitäten aller Art in die albanischen Berge. Auch ich suche noch eine Route, wie ich einen Schlenker nach Albanien machen könnte. Etwas Respekt habe ich schon davor. Wie sind die Strassen? Wie wirken sich die kommenden etwas kühleren Temperaturen auf dieser Höhe aus? Wenn es zu kühl ist zum Zelten, gibt es Unterkünfte? Fragen, für die zu bedenken ich mir am besten ein Swiss made Softice gönne.

Wieder eine Brücke

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30) Dienstag, 23.4.19: Novi Pazar - Mitrovica 76 km (total 2192); 830 HöM (total 23050). Den ganzen Tag kühl und windig. Unterkunft Edi Apartmani. Brücken sind faszinierend. Sie schlagen eine Verbindung über ein Tal oder einen Fluss. Die Brücke von Mitrovica über den Ibar verbindet den nördlichen Stadtteil, der hauptsächlich von Kosovo-Serben bewohnt ist, mit dem südlichen Stadtteil, der hauptsächlich von Kosovo-Albanern bewohnt ist. Bei neueren  Auseinandersetzungen zwischen Albanern und Serben war es ein Leichtes, die Brücke zu sperren. Einige Zeit durch einen blossen Steinhaufen. Noch heute ist die Brücke für den Autoverkehr gesperrt. Zu Fuss oder mit dem Fahrrad wie ich kann man die Brücke überqueren. Eine neue Fussgängerzone im Südteil und im Nordteil arbeiten ebenfalls auf Verbindung hin. Ich selbst stelle zwischen den beiden Seiten äusserlich wenige Unterschiede fest. Im Nordteil gibt es auffallend viele Serben-Flaggen und ich bezahle noch mit serbischen Dinar. Im Südteil

Novi Pazar

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29) Ostermontag, 22.4.19: Ruhetag in Novi Pazar mit Besichtigung Kloster Stopoćani 31 km (total 2116); 370 HöM (total 21220); Unterkunft Hotel Palma. Als ich gestern in die Stadt Novi Pazar einfahre, wähne ich mich in einer anderen Welt. Die Autos fahren auf dem Platz kreuz und quer, wie sie gerade wollen, dahinter und daneben ein Bazar, zahlreiche Minarette. Bin ich in einer arabischen Stadt mit arabischem Fahrstil gelandet? Tatsächlich ist Novi Pazar - kommt von „Neuem Basar“ -  zum Grossteil muslimisch, wenn auch nicht arabisch. Das äussert sich an mehr Kopftuchträgerinnen als bisher, an einer islamischen Fakultät (Novi Pazar ist auch Universitätsstadt) und daran, dass es nicht mehr in jedem Geschäft und Restaurant Bier gibt. Zur Zeit gibt es hier viele „Touristen“. Ich treffe einen Serben, der in Berlin wohnt und einen aus Wien und eine ganze serbische Familie aus Volketswil, die im Kloster Sopoćani geheiratet und die Kinder getauft hat. Sie nutzen die Schweizer Ostertage u

Irgendwie gaht d‘Ziit immer ume

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28) Ostersonntag, 21.4.19: Kloster Studenica - Novi Pazar 68 km (total 2085); 540 HöM (total 20850); Unterkunft Hotel Palma. Den heutigen Palmsonntagsgottesdienst - ich denke schon richtig orthodox, Ostern ist erst in einer Woche - besuche ich im Kloster Studenica. Etwa 80 Personen füllen stehend den ziemlich kleinen Raum, die Frauen, oft mit Kopftuch, links, die Männer rechts. Es gibt kein gesprochenes Wort, alles wird gesungen. Ich erkenne kaum etwas Vertrautes. Weihrauch hier, Weihrauch da, Vorhang zu, Vorhang auf, Bibel raus, Bibel rein. Ich erkenne ein Glaubensbekenntnis, ich erkenne die Eucharistie, die mir verboten ist, ich erkenne die Palmsonntagszweige. Feierlich, schwebend, fremd - so orthodox bin ich also doch nicht. Die Etappe gehe ich sehr gemütlich an, ich habe fast zu viel Zeit, geniesse es bei diesem schönen Wetter. Bis ich beim Mittagshalt den Platten am Hinterrad bemerke. Woher? Keine Ahnung? Von was? Von einem riesigen Nagel, den ich mit der Zange, die ich ka