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Es werden Posts vom März, 2019 angezeigt.

Pilger-Dilemma

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7) Sonntag, 31.3.19 Treviso - San Zanut 142 km (total 747); 660 HöM (total 6590); anfänglich noch kühl, dann schon früh kurz-kurz. Unterkunft b&b bei Flavia, toll. Ist das, was ich mache, wirklich pilgern? 142 km mit allem ist doch Sport. „Und dezwüschet no recht g’filet.“ Wie langsam und beschaulich soll pilgern sein? Beschaulich war es schon, viel auf Nebenstrassen, heute Sonntag ohne Lastwagen. Aber speziell langsam war es nicht. Wie leidend soll sich pilgern anfühlen? Nach 70 km mit Hunger und noch 70 km vor mir war ich schon ein bisschen leidend. Bei diesen angenehmen Temperaturen und der flachen Topographie war es aber mehr eine sportliche Herausforderung. Wie demütig soll man pilgern? Zugegeben, ein bisschen stolz bin ich auf meine Leistung schon. Wie „spartanisch“ soll man pilgern? Liegt ein Gelatto drin? Oder eine Pizza? Oder ein Glas Wein? Oder gar zwei? Chris de Burgh sang einmal: Im klassischen Dilemma zwischen Kopf und Herz, entscheide ich für das Her

Stress

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6) Samstag, 30.3.19 Monticello di Fara - Treviso 95 km (total 605); 650 HöM (total 5930); immer wärmer, ab Mittag kurz-kurz mit Sonnencrème unterwegs. Unterkunft b&b Claudio, Hunde, Raucher. Die Jagd nach der nächsten Unterkunft ist für mich (noch) herausfordernd. Kein Wunder, ich übernachte ja jeden Tag an einem anderen Ort. Und ich weiss nicht recht, wie weit ich fahre. Und ich weiss noch nicht, nach was für Unterkünften ich suchen soll. Zur Zeit sind es airbnb. Bei meiner letzten Gastgeberin fand das zweite b (breakfast) allerdings nicht statt; nun, da habe ich ja noch meine Zmorgeflöckli-Grütze. Und wenn die Gastgeberin dich erst vor 19 Uhr empfangen kann, weil sie arbeitet, ja dann kommst du mit allem in Verzug. Duschen, waschen (habe ich ausgelassen), essen, Blog schreiben und eben die nächste Unterkunft suchen. Und wenn du erst um zehn in der Nacht Anfragen schickst, musst du dich nicht wundern, wenn die Antwort erst am Morgen kommt. Ist doch Stress, oder? Da ziehe

Erste Begegnung

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5) Freitag, 29.3.19 Pozzolengo - Solferino - Monticello di Fara 92 km (total 510); 620 HöM (total 5280); frühlingshaft, aber immer noch lang-lang. Unterkunft air b&b Manu Unterwegs winken mich zwei Velofahrer zum anhalten. Alice (macht gerade das Foto) und Baptiste sind aus Paris und haben sich zur Hochzeit dieses schicke Velo gewünscht. Jetzt sind sie auf der Hochzeitsreise von Paris nach Istanbul (!) und wieder zurück. Fünf Monate. In Istanbul selber kann man schon Rad fahren, das haben sie gemacht, die Hineinfahrt aber ist schwierig. Sie haben die gleichen Taschen wie ich, teilweise eine etwas andere Ausführung. Sie campen häufig. Sie haben Glück mit Warmshowers (siehe mein Eintrag vom 26.3). Sie navigieren viel mit Google-Maps (siehe mein Eintrag vom 28.3.). Serbien ist ihr absolutes Lieblingsland, auch wenn sie im Dezember Schnee hatten. Jetzt wollen sie irgendwie über die Alpen (Pässe geschlossen?) zurück nach Paris. - In sieben Minuten tauscht man halt über das Wichti

Vertrauen

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4) Donnerstag, 28.3.19: Bergamo - Pozzolengo 110 km (total 418); 640 HöM (total 4660); gleich wie gestern: frühlingshaft, bei Wind immer wieder kühl. Unterkunft b&b Dolores So sieht Vertrauen aus. Nein, keine Angst, es ist kein Sturz und auch keine Panne. Ich bin mit einer sehr groben Karte unterwegs mit einem riesigen Massstab. Das reicht gerade, um die Grundrichtung zu erkennen. Bei der Feinplanung vertraue ich voll auf die Navigationsapp Komoot. Wenn ich nicht zu häufig auf Hauptstrassen fahren will, bin ich froh um dessen Routenvorschläge. Nur: Mal endet der Weg vor einem geschlossenen Privattor oder in einer Sackgasse - so wird die Strecke eben länger. Oder der Weg führt über Schotterstrassen und durch ein Flussbett - so wird die Zeit für die Strecke länger. Da lob ich mir dann wieder die richtig schöne Ausfallstrasse aus Brescia, auf der ich im Sog des Strassenverkehrs auch mal einen Rennvelofahrer überhole. Für ein Gelatto Gardasee hat es dann doch noch gereicht.

Verliebt

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3) Mittwoch, 27.3.19: Lugano - Bergamo 99 km (total 308), 1110 HöM (total 4020); frühlingshaft, mit Wind immer wieder kühl. Unterkunft Jugendherberge Bergamo Seht euch diese g… schöne Teil an. Heute wollte ich einmal ein paar Dinge benutzen, die ich im Moment gar nicht unbedingt brauche. Und auch um etwas mehr Langsamkeit in die Reise zu bringen. Auf meinem Gaskocher koche ich Wasser auf für einen Cappuccino und eine feine Zmorge-Flöckli-Grütze (na ja). Mit dem kleinen Stativ halte ich die Szene fest. Sitzen tu ich - ein absoluter Luxus, den ich mir für wenig Geld erstanden habe - auf einem kleinen, leichten Hocker . Ihn würde ich nicht mehr hergeben, er hat es mir angetan. Die Strecke Lugano - Bergamo (99 km) führt oft über viel befahrene Strassen. Dabei sind mir aber immer mal wieder Velofahrer begegnet. Das bedeutet: Die Italiener in dieser Gegend sind sich Velofahrer offenbar gewohnt und fahren (meistens) sehr respektvoll.

Ab in den Süden

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2) Dienstag, 26.3.19: Wassen - Göschenen - Zug nach Airolo - Lugano; 5 + 93 = 98 km; 210+ 700 = 910 HöM. Heute liegt in Wassen Schnee, sogar ein bisschen auf dem Vorplatz = kalt. Ich verschiebe den Start um eine Stunde in der Hoffnung, dass es vielleicht ein Grad wärmer wird. Auf der Südseite in Airolo ist es zwar immer noch kalt, mit dem starken Rückenwind komme ich den wärmeren Temperaturen des Tessins aber schnell näher. Heute übernachte ich in der Jugendherberge. In einem Viererzimmer mit einem 81-jährigem Tessiner ankommend von Santo Domingo ist das ok (ich komme bei seiner Story selber nicht draus). Für die kommenden Stationen habe ich über die Plattform „Warmshowers“ Anfragen getätigt. Das sind alles Velofahrer, die einem Gesinnungsgenossen gratis Unterkunft anbieten. Von vier Anfragen habe ich drei Absagen und ein Mal keine Antwort erhalten. Ich weiss also noch nicht, wo ich morgen übernachten werde. Darum mache ich mich schnurstracks auf die weitere Suche - loslassen

Steiler Start

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1) Montag, 25.3.19: Ebnat-Kappel - Wassen 111 km; 2000 HöM; Unterkunft Hotel Gehrig. Ich habe mir eine ganze Woche als Zeitfenster für den Start gegeben. Nur nicht bei Regen abfahren, nur nicht auf dem Ricken schon die Regenmontur anziehen. Von kalt habe ich nichts gesagt. Also kein Grund zuzuwarten. Dass ich dabei schon zu Hause die Regenjacke als Windschutz gegen die Kälte anziehen muss, lässt sich nicht vermeiden. Es bleibt den ganzen Tag kühl, nebelverhangen aber trocken. Die letzte Stunde beginnt es zu „fiserlen“, ganz am Schlüss flöckelt es. Mit 111 km und 2000 Höhenmetern bei einem Systemgewicht von über 40 kg (ohne Fahrer!) ein beachtlicher Start, meine ich. Pilgerspruch des Tages: Velo gut, Ausrüstung gut, Kleidung gut, Apfelstrudel mit Vanillesauce gut - Pilgerherz, was willst du mehr?

Morgen geht‘s los!

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Pilgern heisst, alles loslassen. Toll, die letzten Tage habe ich mir wie kaum einmal Gedanken darüber gemacht, an was ich festhalten will. Was muss mit, was darf mit? Pilgern heisst auch, aus eigener Kraft mit allem voranzukommen. Ich habe in den letzten Tagen viel darüber gelernt, was wie schwer und wie voluminös ist. Eine Pilgerweisheit besagt: „Anfängerfehler - zu schnell und zu weit.“ Sicher gehört dazu auch „zu schwer“. Ab morgen kann ich auch beginnen, Pilgerweisheiten von mir zu geben.