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Es werden Posts vom Mai, 2019 angezeigt.

Beim Barte des Propheten

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68) Freitag, 31.5.19: Istanbul 5 Schön und heiss. Unterkunft Hotel Enderun. Im Topkapipalast in Istanbul gibt es in einem Raum eine Schatulle mit Barthaaren des Propheten Mohammed. Es soll in der Türkei 1800 Moscheen mit Barthaaren von ihm geben. Der Topkapipalast war einst die Machtzentrale des osmanischen Reiches. Der jeweilige Sultan residierte hier, auch seine Frauen wohnten hier und die gefürchteten Jenitscharen, seine Elitetruppen, und eine ganze Verwaltung. Im Laufe von über 450 Jahren osmanischer Herrschaft erfuhr der Palast immer wieder Um- und Neuanbauten. Es sind auch zahlreiche Gebrauchsgegenstände und Geschenke aus all dieser Zeit ausgestellt. Eine schöne Anlage an einem äusserst prächtigen Ort. Das in Freundlichkeit nicht wirklich geschulte Personal, die gegenwärtigen umfangreichen Renovationsarbeiten und der gegenüber dem im Reiseführer angegebenen mehr als verdoppelte Eintrittspreis trüben den Besuchsgenuss ein bisschen. Trotzdem bin ich beeindruckt. Die Osmanen

Fremdenführer

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67) Donnerstag, 30.5.19: Istanbul 4 Schön und heiss. Unterkunft Hotel Enderun. Gerade als „Fremde“ kann ich meine Frau Christa und meine Tochter Corinne, die heute in Istanbul eintreffen, nicht bezeichnen und als „Einheimischen“ darf ich mich hier erst recht nicht sehen. Aber ich geniesse meinen Wissensvorsprung von zweieinhalb Tagen Istanbul und freue mich, sie zu ein paar ersten Sehenswürdigkeiten zu führen, ohne an jeder Ecke den Stadtplan zücken zu müssen. In den ganz verwinkelten Gassen braucht es aber dennoch ein, zwei Mal den Blick auf Google Maps. Und weil wir an Orte gehen, an denen ich schon war, mache ich auch kaum Fotos. Das ist auch mal ein Erlebnis.

Nächstes Treffen und Fastenbrechen

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66) Mittwoch, 29.5.19: Istanbul 3 Schön und heiss. Unterkunft Hotel Enderun. Ein weiteres Treffen steht an. Von der deutschsprachigen (nicht deutschen) evangelischen Kirche der Türkei empfängt mich meine Pfarrkollegin Gabriele Pace. Die Gemeinde ist vor 176 Jahren von Deutschen, Österreichern und Schweizern gegründet worden, betrieb zwischenzeitlich sogar eine eigene Schule und hatte auch einmal Kaiser Wilhelm II. persönlich zu Besuch. Momentan befindet sich die als Verein organisierte Kirche in einer finanziell sehr mageren Zeit. Die verschiedenen politischen Spannungen der letzten Jahre führten zu einem Mitgliederschwund, indem Familien vom Zentrum wegzogen oder Angestellte von Firmen ohne ihre Familien nach Istanbul kommen. Zudem reisen auch deutlich weniger Gruppen aus Deutschland hierher (ein paar gegenüber 120 Gruppen in früheren Jahren), was die nötigen Spenden empfindlich schrumpfen lässt. Die Konfirmandengruppe hinterlässt an allen Orten im Gemeindegebäude ihre Spuren.

Treffen mit Imam

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65) Dienstag, 28.5.19: Istanbul 2 Schön und warm. Unterkunft Hotel Enderun. In der Süleymaniye Moschee treffe ich den ehemaligen Imam des türkischen Kulturvereins von Wattwil, Emin Yilmaz. Seit sechs Jahren lebt er in Istanbul und hat die Leitung der Abteilung für Aussenbeziehungen inne. Er ist unter dem Mufti (eine Art Bischof) und einigen Mufti Yardimicisi („Mufti-Assistenten“) in der dritten Hierarchiestufe angesiedelt. Die Süleymaniye Moschee war bis vor einem Monat die grösste Moschee der Türkei. Jetzt hat man in Sichtweite auf der asiatischen Seite von Istanbul eine noch grössere errichtet. Die Architektur kommt mir bekannt vor und ich erfahre, dass sie vom gleichen Architekten erbaut worden ist wie diejenige, die ich in Edirne gesehen habe. Ich erfahre weiter Neues, Seltsames, Eindrückliches. Zum Beispiel, nach welcher Methode viele Muslime den ganzen Koran auswendig lernen. Es sei gar nicht so schwierig, was ich fast nicht glauben kann. Oder dass an den Lampen der Mos

Istanbul!

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64) Montag, 27.5.19: Büyükçekmece - Istanbul 51 km (total 4601); 690 HöM (total 52730); schön,warm. Unterkunft Hotel Enderun. Nach neun Wochen Fahrt und 4601 km komme ich heute morgen früh wohlbehalten im Zentrum von Istanbul an. Vor der Hagia Sophia posiere ich stolz, freudig, dankbar. Dann geht‘s ins Hotel, wo ich trotz Check-in-Zeit 14.00 Uhr bereits um 9 Uhr ein Zimmer (upgegradet) beziehen kann. Der frühe Start heute morgen hat sich bewährt. Denn, wenn das der „kleine“ Verkehr ist, möchte ich nicht erleben, wenn der Stossverkehr erst losgeht. Und gegen das Zentrum hin gibt es richtig schöne Radwege. Und wieder ein Korrigenda: Natürlich bin ich gestern nicht an die Mittelmeerküste, sondern an die Marmarameerküste gefahren. Diese Meere sind beim blossen Anblick auch schwierig zu unterscheiden. Ein erster Erkundungsspaziergang führt mich durch den grossen Bazar, über die Brücke nach Karaköy und zurück zur Hagia Sophia mit der Blauen Moschee. Ich habe keinen Stress und strec

Tag der Autobahnen

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63) Sonntag, 26.5.19: Saray - Büyükçekmece 90 km (total 4550); 1000 HöM (total 52040); schön und warm. Unterkunft warmshowers Bugra und Dilaria. Bim Coiffeur bin i gsesse vor em Spiegel, luege dri… Manchmal kommen mir Mani Matter-Lieder in den Sinn, von denen ich ein paar auswendig kann. Dass mich heute dieses Lied begleitet, hat seinen Grund. Istanbul kommt näher, oder umgekehrt, ich komme Istanbul näher. Die Strasse von Saray an die Mittelmeerküste ist breit und wenig befahren. Auf der Strasse der Küste entlang mehrt sich der Verkehr und der Pannenstreifen der autobahnähnlichen Strasse ist nicht immer vorhanden. Gut 40 km vor dem Zentrum von Istanbul kann ich über Warmshowers beim Lehrerehepaar Bugra und Dilaria übernachten. Sie können sich beide Arten, ins Zentrum von Istanbul einzufahren, vorstellen. Mit dem Metrobus, wo man das Velo einladen kann. Oder mit dem Velo, das machen sie sogar selbst auch. Wenn ich bei meinem Coiffeur in den Spiegel schaue, dann sehe ich nicht

Erkenntnisse und eine offene Frage

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62) Samstag, 25.5.19: Igneada - Saray 99 km (total 4460); 1680 HöM (total 51040); schön und warm. Unterkunft Elit Hotel Saray. Die ersten Erkenntnisse sind Binsenwahrheiten. Bei schönem Wetter Velo zu fahren ist schöner als bei Regen und teilweise erholt fährt sich‘s leichter als ziemlich kaputt. Der Regenruhetag gestern war jede Minute wert. Auch die mentale Vorbereitung auf die Strecke hilft. Erste Steigung bis km 21, Zwischenabfahrt, zweite Steigung bis km 33, Zwischenabfahrt, dritte Steigung bis km 41 Schlussabfahrt, dann flach. Es geht dennoch in die Beine. Worauf ich bis jetzt noch keine schlüssige Antwort gefunden habe: wie halten es die Türken mit dem Ramazan, wie sie hier sagen? Ich sehe viele vor allem Männer in Cafés sitzen ohne Kaffee oder Tee vor sich. Aber das ist, glaube ich, ganz normal. Ich sehe auch viele mit Tee. Ich selbst bekomme jederzeit ohne böse Blicke etwas zu Essen, die Küchen arbeiten. Und ich bin nicht der einzige, der vor Sonnenuntergang im Restaur

Umehänge

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61) Freitag, 24.5.19: Igneada In Anbetracht dessen, dass ich acht Tage hintereinander unterwegs war, dass es gestern eine anstrengende Etappe war, dass ich darum ziemlich müde bin, dass die nächste Etappe nochmals anstrengend sein wird, dass es heute regnet, dass ich noch einen Tag Reserve habe, entscheide ich mich, diesen Reservetag genau jetzt als Ruhetag einzusetzen. Igneada ist überschaubar. Eine Hauptstrasse vom Landesinneren hinein ins Zentrum mit etwa 150 m Cafés und Geschäften, dort eine Gabelung nach rechts und links mit je nochmals etwa 50 m Geschäften. Ich hänge herum, lese, schaue Serien, höre Radio FM1, arbeite meine Essensreste ab inklusive neu gekauften Baklava und merke, wie nötig ich das habe.

Schwarzes Meer

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60) Donnerstag, 23.5.19: Kirklareli - Igneada 107 km (total 4361); 1680 HöM (total 49360); schön, sommerlich, sehr anstrengende Etappe. Unterkunft Hotel Parlak (als Ersatz für den grenzwertig schmuddeligen Zeltplatz). Ich hätte bis heute nicht mit Sicherheit sagen können, welche Staaten ans Schwarze Meer stossen: Türkei, Bulgarien, Rumänien hätte ich noch hinbekommen. Ukraine vielleicht auch noch mit der Halbinsel Krim. Dann hätte ich noch Georgien geraten. Und dann fehlt nur noch Russland. Das wär‘s. Das nennt man Weiterbildung. Mit all diesen Staaten bin ich irgendwie verbunden, wenn ich am Schwarzen Meer stehe. Bis dahin ist es ein rechtes Stück Arbeit, ein rechtes Stück strenger als erwartet. Die ersten 50 km einigermassen flach auf breiten, guten Strassen (da muesch emel au nid viel studiere), dann 50 km ebenfalls auf breiten, guten Strassen aber mit praktisch allen weit über 1000 Höhenmetern. Und morgen gehts die gleichen 50 km wieder zurück. Mit noch mehr Höhenmetern, we

Neuer Host

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59) Mittwoch, 22.5.19: Edirne - Kirklareli 85 km (total 4254); 980 HöM total (47680); schön, sommerlich, am Nachmittag ganz leicht bedeckt, darum nicht zu heiss. Unterkunft Warmshowers Ali. Nach einem neuen Anlauf ist es gelungen: Ich habe eine Unterkunft über Warmshowers gefunden. Zur Erinnerung, das ist eine Plattform, auf der vor allem Radreisende Unterkunft suchen und anbieten können. Mein Gastgeber Ali ist ein „Neuvelofahrer“, reiseinteressiert und lernt gerne neue Menschen kennen. Als Dozent für neuere türkische Geschichte an der Universität Kirklareli ist er ein sehr interessanter Gastgeber und Stadtführer. Zwischen Edirne und Kirklareli liegen 60 km, mit einem Umweg 80 km offenes, weites Land. Und dann kommt mitten in dieser Weite eine ansehnliche Stadt und tut, als ob nichts wäre. Ein riesiger, belebter Bazar beschäftigt mein Navi, in einer Fussgängerpassage treffen sich die Studierenden, in den Geschäften gibt es regen Betrieb. Normalerweise machen hier nur ein paar „